Wie´s dazu kam …

Es gab natürlich eine Zeit „vor dem Bockerl“, in der die Bockerl-Erfinder Hans und Thomas und das Team der Firma Schletter nichts voneinander wussten. So gesehen hat das Bockerl-Projekt auch einige Bekanntschaften und Freundschaften gestiftet! Wie es dazu kam, dass Serienkonstruktion, Bau
und Vermarktung gerade bei der Firma Schletter in Haag landeten, dazu ein kleiner Bericht der beiden Seiten.

Als erster kommt Hans Gschwendtner zu Wort, der zusammen mit seinem Freund Thomas Eimansberger das Bockerl erfunden hat:

Angefangen hat alles damit, dass wir aufgrund der großen Resonanz aus unserem Bekanntenkreis und auch von Leuten, die wir beim Bockerlfahren getroffen hatten uns irgendwann gedacht haben, dass man da was draus machen könnte. Aber wir waren mit der Entwicklung und Funktionalität des Bockerl so weit, dass alles was wir uns vorgestellt hatten ausgetestet war. Fortschritte waren in unserer Werkstatt kaum mehr möglich und wir bekamen aufgrund der geringen Stückzahlen auch keine Sonderanfertigungen (Bremse, Reifen usw.) um die Technik weiter auszutesten.
Zu unserer Situation: Thomas ist selbständiger Schuhmacher und mit seinem Betrieb und mit seiner Familie ausgelastet. Er keine hatte weder Lust noch die Zeit dazu, ein Produkt aufzubauen und auch noch zu fertigen.

Bei mir war es ähnlich, da sich durch unser Gymnastikstudio, das 365 Tage im Jahr geöffnet ist und unsere Freizeit sich auf das tägliche Berggehen in der Mittagszeit beschränkt keine Zeit für eine weitere Sache bestand, oder wenn dann nur auf Kosten des Studios. Hinzu kommt, das Thomas und ich sehr oft unterschiedlicher Auffassung sind. Das war bei der Bockerlentwicklung bestimmt förderlich, eine gemeinsame Geschäftsbeziehung hätte aber niemals funktioniert. Also schied die Möglichkeit, die Sache selbst anzupacken schon mal aus! Eine weitere Möglichkeit, das Bockerlpatent an eine große Sportartikelfirma (wie etwa K2) zu verkaufen schied aufgrund der Sorge aus, da wir aus unserem Bekanntenkreis schon dahingehend Schauermärchen gehört hatten. Entweder man blitzt ab, und/oder die Sache wird dann von diesen Firmen trotzdem verwirklicht oder es landet nach einer Abfindung in der Schublade. Wir wollten aber auf jeden Fall schon irgendwie mit eingebunden sein! So kontaktierten wir nach unserer Gebrauchsmustererstellung die Firma Magura, die uns wegen der bei uns eingebauten Bremse am nächsten stand. Herr Rainer Bock war von unserer Idee so angetan, dass er uns daraufhin mehrere Firmen nannte, die für ein solches Projekt in Frage kämen. Unter diesen Firmenwaren u.a California Products und Micro Technologies.

Etwa zur gleichen Zeit entstand der Bericht im Münchner Merkur. Auf diesen Bericht meldeten sich unter anderem RTL und insgesamt 4 Firmen, darunter auch die Firma Schletter. Da die Firma Schletter von Anfang an am schnellsten reagierte und uns auch sofort die Aussicht gab, den
Vertrieb und die Vermarktung für das Bockerl zu übernehmen, haben wir uns ab diesem Zeitpunkt auf diesen Kontakt konzentriert. Als bereits nach unserem zweiten Treffen am nächsten Morgen ein fast fertiger Vertrag und Patententwurf per email angekommen ist, waren wir überzeugt, dass wir die richtigen Partner gefunden hatten. Hinzu kam, dass wir durch die Veröffentlichung in der Zeitung unter Zeitdruck standen und berechtigte Bedenken hatten die Sache würde sonst von anderen aufgegriffen. Aber letztlich war sicher auch die Tatsache, dass Ludwig und Hans uns von Anfang an sympathisch und kompetent erschienen für unsere Entscheidung ausschlaggebend.

So wars!
Hans Gschwendtner

Nachdem Hans Gschwendtner aus Sicht der Erfinder die Sache so treffend geschildert hat, darf ich, Hans Urban, die Sache aus der Sicht der Firma
Schletter beschreiben:

Zeitungsleser wissen mehr – diese Tatsache ist schon seit vielen Jahrzehnten allgemein bekannt! Und an diesen Spruch fühlte ich mich natürlich erinnert, als ich einen kleinen Artikel von einem Gerät namens „Bockerl“ in unserer Heimatzeitung, einem regionalen Ableger des Münchner Merkur, las. Schon oft hatte ich mit Ludwig Schletter, Geschäftsführer der Schletter GmbH, in der ich seit gut einem Jahr tätig war, über die allgemeine Situation am Markt gesprochen: Zuarbeit für größere Firmen war durch den Verfall in Preis- und Zahlungsmoral immer schwieriger geworden, mehr eigene Produkte müsste man haben! Aber gerade in einer Metallbaufirma mit ca. 75 Mann war auch das nicht so einfach, da man ja in der Regel doch sehr mit dem Tagesgeschäft beschäftigt ist! Rollerskates oder den Kickroller müsste man erfunden haben!

Rollerskates – Kickroller – Mountainbike – Bockerl .... passte dieses Produkt nicht recht gut in die Reihe der Renner am Sportartikelmarkt der letzten Jahre? Das ging mir natürlich gleich durch den Kopf, als ich den kurzen Bockerl-Artikel am Wochenende las! Gesagt, getan – am Montag früh besprachen wir die Sache kurz, bemühten die Telefonauskunft um die Nummer von Thomas Eimansberger in Bad Tölz und waren uns nach einem kurzen Gespräch einig, dass wir uns auf jeden Fall treffen sollten! Gesagt, getan - die beiden Erfinder kamen ganz kurzfristig zu einem ersten Termin zu uns ins Haus. Nach den ersten Minuten landeten wir gleich beim „Du“ und sprachen darüber, was man aus dem Bockerl denn so machen könnte. Es war uns natürlich klar, dass für die Firma Schletter so ein Produkt etwas komplett neues war; hinzu kam die Vermarktung und die Branche, mit beiden Faktoren hatten wir bis dato nicht in dem Maße zu tun. Und eines stand natürlich auch fest: Ein solches Produkt konnte man nur mit einem relativ hohen finanziellen Aufwand am Markt platzieren! Aber auf der anderen Seite war klar: Das Bockerl war in jedem Falle eine Chance für uns, die wir uns nicht entgehen lassen konnten. Das alles waren Gedanken, die uns schon beim ersten Treffen beschäftigten.

Mit Hans und Thomas verstanden wir uns auf Anhieb recht gut und es schien uns, dass es den beiden nicht ums finanzielle ging, sondern um den Erfolg des Produktes! Aber bei all diesen Überlegungen war uns allen nicht aufgefallen, dass an diesem Abend noch keiner so
richtig was gegessen hatte. Wir verlegten also die weitere Beratung kurzerhandzu mir nach Hause, konnten dort das Bockerl an meinem hauseigenen Schlittenhang noch kurzerhand einem ersten Fahrtest unterziehen und ließen dann den Abend bei Pizza und Rotwein gemütlich ausklingen. In den folgenden Tagen waren auch die vertraglichen Bedingungen schnell geklärt und es konnte an die Designanpassungen und technischen Umentwicklungen gehen. Parallel dazu wurden Messen geplant, Messestände gebaut, eine richtige Homepage und ein Imagefilm gemacht, eine Pressemappe gestaltet, zahllose Redaktionen von Zeitschriften und Fernsehsendern angeschrieben und so weiter und so weiter. Sehr gelegen kam uns dabei der fünfte im BockerlTeam, Jan Hebert, der gerade zu dieser Zeit zur Firma Schletter kam und sich um das Projekt auch mit seiner ganzen Zeit kümmern konnte. Mit seiner Erfahrung aus dem Motorradbereich und auch im allgemeinen Projektmanagement war der Jan für dieses Projekt sicher eine hervorragende Ergänzung!
Und zwei Dinge sind uns allen klar: Erstens werden wir in das Bockerl noch viel Arbeit, Zeit, Geld und Nerven stecken müssen, bis es am Markt den Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad erlangt hat, den vieleandere Produkte bereits haben.
Zweitens sind wir aber alle fest davon überzeugt: Unser Bockerl wird ein Erfolg!
Hans Urban